Herbstlandschaft mit Schrei

Publikumspreis bei der „Nacht der schlechten Texte“, 28.6.2011

Tot hat er gelegen auf dem Feld, tot auf dem Feld gelegen hat er, als ihn die Schlierbacherin gefunden hat, die Schlierbacherin, die alte. Und gestunken hat er, wie eine alte Bauernregel hat er gestunken. Eine alte Bauernregel, verstehst du, so hat er gestunken. Schwarz war das Blut, in dem er gelegen hat, schwarz wie die Raben. Die haben ihm die Augen rausgepickt, die Raben, die schwarzen.

Und die Schlierbacherin hat geschrien, dass ihr das Gebiss rausgefallen ist, so hat sie geschrien. Die alte Schlierbacherin ohne Gebiss, und er, der Schlierbacher, der junge, die Augenhöhlen so eingefallen und verrunzelt wie das Maul von der Alten.

Wie auf einem Bild vom Munch, so hat das ausgeschaut. Vom Munch, das ist der mit dem Schrei. Der, was sich die Wangen hält und schreit.

Da werden die Raben aufgeflogen sein, auf den Schrei. Wenn dem Munch seine Schlierbacherin, schreit, dann ist Schluss mit die Raben.

Die Raben, verstehst, die hat der Holländer gemalt, der Holländer bevor er ins Stroh bissen hat. Ins Stroh, verstehst, weil er hat ein Feld gemalt, ein gelbes Feld und lauter Raben drauf. Da hat er schon kein Ohrwaschel mehr gehabt. Von wegen dem Absinth.

Na, jedenfalls Ohren hat er noch beide gehabt, der Schlierbacher, der junge, dafür keine Augen. Die Raben waren zwar schon da, aber auch schon wieder fort, wegen dem Geschrei von der alten Schlierbacherin. Und Stroh war da auch keines mehr auf dem Feld, nein kein Stroh.

Weil, es war schon fast im Winter, und da war kein Stroh, da waren so große Schollen, verstehst, so große Schollen vom Pflug.

Und da war schon ein bisserl Schnee auf den Schollen, so angezuckert ein bisserl Schnee auf den braunen Schollen. Dunkelbraune Schollen, weil das war ein gutes Feld, das vom Schlierbacher, dem alten. Dem Alten und dem Jungen ihres.

Und wo der Schlierbacher ohne Augen gelegen hat, da war es schwarz das Feld. Schwarz das Feld und schwarz der Schnee um den Schlierbacher herum.

Fußspuren haben die Gendarmen gefunden, Fußspuren von den Raben und von einer Katz. Einer Katz, und den Raben und der alten Schlierbacherin. Und die Zähne von der alten Schlierbacherin habens auch gefunden.

Die wollten sie ihr nicht gleich geben, der Schlierbacherin. Von wegen Beweismittel, wollten sie ihr die nicht geben, die Zähne. Der Gendarm, der junge, hat sie ihr dann gebracht, am Abend gebracht, in einem Plastiksackerl. Mit so einem durchsichtigen Plastiksackerl ist er vor der Tür gestanden, da waren die Zähne drinnen, von der Schlierbacherin.

Da hast du dein Gebiss zurück, Schlierbacherin, hat er gesagt, die haben ihn nicht umgebracht, das wissen wir. Und wie er dann wieder gegangen ist, der Gendarm, ist die Schlierbacherin mit dem Gebiss in der Hand im Haus herumgerannt, und hat nicht gewusst, was sie tun soll mit dem Gebiss.

Sie hat es halt im Nylonsackerl gelassen, weil, sie hat sich nicht getraut ein Beweisstück, ein amtliches, in den Mund zu stecken.

Auspacken und in den Mund stecken, hat sie sich nicht getraut.

Nicht getraut, verstehst? Und eine Nummer hat auf dem Sackerl gestanden, eine Nummer und ein paar Buchstaben. So eine Nummer, wie Be-Pe-Fünf-Acht-Sieben. Nein, das ist die Nummer von dem Auto von dem Gendarmen, aber irgend so eine Nummer ist auch auf dem Sackerl gestanden. Mit Buchstaben, ganz amtlich, verstehst?

Na und der Schlierbacher, der junge, ist so auf dem Feld gelegen, mit den Schollen, den braunen, und dem Schnee. Und dann sind die Gendarmen gekommen und die haben gleich Handschuhe aus dem Auto genommen, so Gummihandschuhe, verstehst, und Plastiksackerl, und dann haben sie ihn angeschaut, den Schlierbacher. Angeschaut und umgedreht, mit den Gummihandschuhen. Und dann haben sie gesehen, dass er hinten auch ein Loch hat. Ein Loch und viele schwarze Punkterl. Vom Schrotgewehr ein Loch, verstehst?

Und dann hat der Gendarm seine Gummihandschuhe ausgezogen. So wie im Immertschentsi Ruhm, verstehst. Ein Finger, zupf, noch ein Finger, ganz lässig, wie der Doktor im OP vom Immertschentsi Ruhm.

Und dann hat er sein Handy rausgefischt, und die Kollegin angerufen, die beim Notruf in der Wachstube sitzt. Den Rettungswagen können wir uns sparen, hat er gesagt, den braucht er nimmer, der Schlierbacher, der junge. Aber sei so gut, nimm uns den Koffer mit, den für die Spurensicherung den Koffer. Ja ich glaub, der ist im Keller, hat er gesagt, in sein Handy. Und wenn du ihn bringst, den Koffer, dann sei so gut und nimm einen Schnaps mit. Hat er gesagt, und nimm einen Schnaps mit. Den mit dem Wermut. Scheiß auf die Ohrwascheln.